Blake and Me and the Universe

Schon zwei Dekaden hat sich Manfred Kerklau Inszenierungen verschrieben, in denen sich alles um die Auseinandersetzung mit menschlicher Realitätswahrnehmung und um die diversen Konstrukte von Wirklichkeit und Emotionen dreht. Seine Arbeiten sind geprägt durch eine spezielle Verknüpfung verschiedener Genres und es gelingt ihm immer wieder, die Perspektiven auf Wirklichkeit zu drehen, zu verschieben und zu illuminieren. Inspiriert durch Lyrik, Musik, Literatur, politische Streitschriften und bildende Kunst entstehen Performances/Installationen mit einer weiten Range, von poetisch, absurd, feinsinnig bis irritierend und anrührend.

Zum 20. Geburtstag wirft Kerklau sich waghalsig in eine internationale Produktion mit jetzigen und früheren künstlerischen Weggefährten aus verschiedenen Disziplinen und holt „ausgerechnet“ William Blake (1757 – 1827), den englischen Dichter, Maler, Visionär, Revolutionär und Exzentriker, dessen Werk gerne als sperrig, widersprüchlich und schwer zugänglich bezeichnet wird, aus der musealen Ecke.

Dessen widerständiger und aufständischer Spirit bietet sich an für ein radikales Experiment zum Angesicht der Erde. Zur Verletzlichkeit unseres Planeten. Die Poesie Blakes trifft auf den „Overview Effekt“, den inneren Shift, den Astronauten in den Tiefen des Weltalls erleben, wenn sie auf die Erde blicken. Merkmale sind Ehrfurcht, vielleicht sogar Andacht, tiefe Ergriffenheit, ein einschneidendes, verändertes Empfinden und Verständnis für die Verbundenheit allen Lebens auf der Erde. Im hoffnungsvollsten Fall ein Augenblick der Demut. Der tief verankerte Instinkt der einzigen Perspektive wird ausgehebelt und zerstört.

„Blake and Me and the Universe“ zieht das Publikum an einen neuen Aussichtspunkt, in eine andere Welt und bürstet gegen die gewohnte Sicht. Weit über den eingebildeten Radius und Kosmos, für dessen Mittelpunkt der Mensch sich hält und daran destruktiv haftet, hinaus. Wie groß dieses Universum doch ist und wie klein sind wir egozentrischen Wesen auf unserem Planeten.

Die Protagonisten auf der Bühne scheinen wie Gestrandete nach einem Trip in die Zukunft oder die Vergangenheit. Zuflucht, zielloses Landen? Lemuren ähnlich bewegen, strecken und tänzeln sie durch ein surreales Setting, das toxisch anmutet.

Die Textvorlage von David Schein nimmt die Gedichte von William Blake in seiner fundamentalen Naturverbundenheit und Sozialkritik als Blaupause, wie z.B. in Scheins eigenem Poem:

„Good Night Our story`s done Same old song about Armageddon Cycles of Seasons of change Fire next time and the punishing rain But you know false prophets before us predicted The days of our numbers are done Go stand on the hillside and sing with the chorus and Beat that drum.“

Im theatralen Geschehen, in den auditiven Landschaften und durch die Projektionen (Video: Sven Stratmann), abstrakte Umgestaltungen von organischen und astronomischem Aufnahmen, schwebt die Note „It`s all about considering the earth.“

„To see a World in a Grain of Sand“ (W.Blake)

Besetzung der Wiederaufnahme 2022:
Mit Sabeth Dannenberg, Carsten Bender, Annelise Soglio, Lucy Flournoy
Assistenz: Franziska Blickle

Mit Sabeth Dannenberg, Carsten Bender, Annelise Soglio, Jasper Schmitz, Ali Reslan
Konzeption / Künstlerische Leitung / Regie: Manfred Kerklau
Choreografie: Tamami Nooruddin (JAP)
Video: Sven Stratmann
Audio/Sound: Andreas Wilting, Manfred Kerklau
Text: David Schein (USA) / William Blake
Kostüme: Bettina Zumdick
Raum: RUE OBSCURE(Karina Behrendt / Anne Keller)
Licht: Timo von der Horst
Assistenz: Sabah Jalloul  / Laura Will
Produktionsleitung: Nicky Schulte
PR: Rita Roring
Grafik / Fotos: Erich Saar
Audio voices: Sersch Hinkelmann; Dana Block, Aaron Masi, Dennis McSorley, Paul Schnabel, Phineas Sonin, Recorded by Ron Rost

Begleitprogramm siehe unter Termine


Die Wiederaufnahme im November 2022 ist gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR


Unterstützt von:

  • Kulturamt der Stadt Münster
  • NRW Landesbüro Freie Darstellende Künste
  • Fonds Soziokultur
  • Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW
  • Kulturstiftung der Westfälischen Provinzial Versicherung

Koproduktion:

  • DANZAMI, Kagoshima
  • Theater im Pumpenhaus, Münster

 

Dank an:

  • Kulturgrün e.V.
  • Ygor Bahia, Franziska Blickle, Lieselotte Lehmann

Presse:

  • erlesenesmünster.de:

    Toll, wie die Schwerelosigkeit gespielt wird – ich glaube, es war Sabeth Dannenberg, die das so herrlich imitiert, oben am Mast festgehakt und alles in Zeitlupe mit wahnsinniger Körperspannung. Und immer wird das Publikum mitgenommen in eine Ecke des Raumes, setzt sich, stellt sich, staunt. Wie klein doch die Erde aussieht von so weit oben, man kann sie mit dem Fingernagel verdecken. Was im Großen ist, gibt es auch im Kleinen. Mitochondrien sind die Planeten in der Zelle. Eine tolle Mischung aus Schauspiel, Tanz und Lichteffekten, wie da Linien auf den Boden gezaubert werden, wo das Leben doch nur ein Punkt ist. So habe ich das Pumpenhaus noch nie gesehen.